Zwischen Villefranche-sur-Mer und Nizza liegt geographisch nur eine kleine Landnase, aber wer beide Orte kennt, hat eher das Gefühl, es lägen Welten dazwischen. Nizza ist groß, bunt, laut und teilweise sehr mondän. Villefranche wirkt dagegen fast dörflich und ruhig. Das 5.000-Einwohner-Örtchen prunkt nicht mit stolzer Architektur, wärmt aber das Auge mit freundlichen Farben. Die Strandpromenade ist geradezu winzig im Vergleich zur berühmten Promenade des Anglais, aber dafür hat die kleine Nachbarin etwas, was die Große nicht bieten kann: einen Sandstrand!
Von Nizza nach Villefranche kommt ihr bequem und preisgünstig in 10 Minuten mit dem Zug (er fährt im Halbstundentakt), alternativ mit dem Bus Nr. 15 (Abfahrt von der Haltestelle Lycée Massena). Oder, etwas sportlicher, zu Fuß über den Sentier du Littoral.
Wir haben es übrigens umgekehrt gemacht und Villefranche als Ausgangspunkt genommen, um Nizza und die anderen Nachbarorte an der Côte d’Azur zu erkunden. Ich habe das Örtchen dabei recht liebgewonnen und möchte euch deswegen hier mehr davon zeigen.
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Villefranche-sur-Mer und seine Sehenswürdigkeiten
Na gut, verglichen mit Nizza hat die kleine Nachbarin eigentlich keine großartigen Sehenswürdigkeiten zu bieten. Es gibt zwei kleine Häfen, vier noch kleinere Museen in der Zitadelle und eine von Jean Cocteau ausgemalte Kapelle (in der man nicht fotografieren darf). Die Haupt-Sehenswürdigkeit ist aber die liebenswerte Altstadt mit ihren bunten Häusern und mediterranem Flair. Nicht zu vergessen die Kirche Saint-Michel, die Rue Obscure und natürlich den Strand.
In den Gassen der Altstadt
Es macht Spaß, die kleinen Gassen und Stiegen von Villefranche-sur-Mer entlangzuschlendern. Dort gibt es Cafés, Restaurants und ein paar Läden, aber die Altstadt ist nicht nur touristische Kulisse. Sie ist auch bewohnt und dadurch lebendig.
Die Kirche Saint Michel liegt im Herzen der Altstadt (Eingang an der Place de l’Église) und ist anhand ihres barocken Turms leicht zu finden.
Drinnen ist die barocke Pracht schon etwas abgeblättert. Wie in vielen französischen Gemeinden reichen die Spenden der wenigen Gläubigen wohl nicht, um teure Restaurierungsarbeiten zu finanzieren. Trotzdem hat die Kirche eine besondere Ausstrahlung, vielleicht wegen ihrer Stille und der Licht-Schatten-Kontraste im dämmerigen Kirchenschiff.
Apropos dämmerig: Eine ungewöhnliche „Sehenswürdigkeit“ von Villefranche-sur-mer ist die Rue Obscure, was man mit „Dunkelgasse“ übersetzen könnte. Klingt wie bei Harry Potter, oder? Dabei ist sie ganz offiziell als Monument Historique klassifiziert. Zu erreichen ist die Rue Obscure über die Rue du Poilu, von der eine Treppe meerwärts führt.
Die Dunkelgasse kreuzt diesen Durchgang.
Ursprünglich handelte es sich um einen Wehrgang hinter der Befestigungsmauer von Villefranche, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Später wurde eine weitere Mauer weiter unten gebaut, sodass der alte Wehrgang seine Funktion verlor. Die Einwohner überbauten ihn nach und nach, um zusätzlichen Platz für Waren und Tierhaltung zu gewinnen.
Die Atmosphäre in der Rue Obscure ist faszinierend und mutet sehr mittelalterlich an. Wohl auch deswegen diente die dunkle Gasse oft als Filmkulisse. Laut einer Infotafel soll sie als Drehort in mehr als 150 Filmen eine Rolle gespielt haben. Auch Jean Cocteau drehte hier.
Die Häfen und die Zitadelle
Wenn ihr von der Rue Obscure auf die Küstenstraße stoßt und euch nach rechts (südwärts) wendet, gelangt ihr zum Port de la Santé (Hafen der Gesundheit), dem kleineren Hafen von Villefranche-sur-Mer. Er ist natürlich viel zu klein für die großen Kreuzfahrtschiffe, dient aber als Anlandestelle für die Boote, mit denen die Kreuzfahrer im Sommer als Tagesbesucher an Land gebracht werden.
Wenn ihr am Meer entlang noch weiter südwärts wandert, gelangt ihr zur Zitadelle. Der Küstenwanderweg führt um sie herum.
Sobald ihr sie umrundet habt, blickt ihr auf den Port Royal de la Darse, den ab 1550 die Herzöge von Savoyen befestigt haben. Ab 1730 avancierte das Herzogtum zum Königreich Sardinien, daher hat der Hafen seinen hochadeligen Namen. Er ist übrigens ebenfalls ein Monument Historique.
Der Hafen beherbergt Fischer- und Sportboote.
Das gelbe Gebäude im Hintergrund ist die ehemalige Offizierskaserne. Von der Hafenmauer hat man einen guten Blick auf die Zitadelle von Villefrancher-sur-Mer. Sie beherbergt heute das Rathaus und die vier kleinen Museen, die ich aber nicht besichtigt habe.
Der Strand von Villefranche-sur-Mer
Am Hafen de la Darse gibt es einen winzigen Kiesstrand. Aber wenn ihr nordwärts in die Bucht hineinwandert, gelangt ihr zum Sandstrand, der im Sommer sehr beliebt ist.
Selbst an einem milden Wintertag finden sich am Strand von Villefranche-sur-Mer Sonnenhungrige ein, die das in der Region seltene Sand-und-Meer-Ambiente genießen.
Ganz Hartgesottene gehen sogar ins Wasser. Mir war das bei 15°C Lufttemperatur zu frisch …
Abends ist es am Strand übrigens besonders schön …
Tipps für einen Urlaub in Villefranche-sur-Mer
Wer am Meer nicht gerne brutzelt, sondern lieber wandert, sollte wie ich im Winterhalbjahr nach Villefranche kommen. Dann gibt es auch keinen Kampf um die Parkplätze und kein Gedränge in den Gassen.
Nicht nur in Nizza spielen Blumen eine wichtige Rolle im Karneval. Seit 1902 hat Villefranche-sur-Mer eine eigene Tradition, nämlich den „Blumenbootwettkampf“, der immer an einem Montag im Februar stattfindet. Zunächst gibt es einen winzigen Karnevalsumzug mit Musik.
Dann starten im Port de la Santé traditionelle Fischerboote, die über und über mit Blumen (vor allem Mimosen) geschmückt sind. Unter dem Beifall der Zuschauer fahren sie zwei Runden vom Hafen Richtung Strand und zurück. Man kann abstimmen, welches Boot am schönsten geschmückt ist. Wobei ich die Wahl echt schwierig fand: Die waren alle so schön!
Ab der dritten Runde werden dann die Blumen nach und nach abmontiert und unter großem Hallo ins Publikum geworfen. Manche landen natürlich auch im Meer, sodass überall Blumen schwimmen. Eine sehr hübsche Karnevalstradition! Und zudem ein Fest, zu dem vorwiegend Einheimische und Gäste aus der näheren Umgebung kommen, kein touristisches Spektakel.
Gut essen in Villefranche
Die Cafés in der ersten Reihe sind ziemlich teuer und laden nicht unbedingt zum gemütlichen Verweilen ein. Wobei auch die Selbstverköstigung ganz schön teuer ist (Côte d’Azur eben). Es gibt zwei kleine Supermärkte (Casino) und zwei Bäckereien. Am Samstagvormittag ist Markt auf dem kleinen Platz hinter dem Office de Tourisme, rund um den Jardin Francois Binon. Die Qualität der Lebensmittel, die dort angeboten werden, ist hoch.
Ebenfalls teuer, aber sehr gut sind die Backwaren beim Bio-Bäcker Le pétrin bio in der Avenue du Maréchal Foch.
Das Lokal, in dem es uns am besten gefallen und geschmeckt hat, ist La Grignotière in der Rue du Poilu. Da es nur wenige Tische hat, empfiehlt es sich, vorab zu reservieren.
Die Atmosphäre ist dort familiär und freundlich und das Essen sowohl für das Auge als auch für den Gaumen ein echter Genuss.
Ausflugsziele in der Umgebung von Villefranche-sur-Mer
Von Villefranche aus blickt man ostwärts auf das Cap Ferrat, die Halbinsel der Reichen und Berühmten (hier kurz nach Sonnenaufgang).
Zu Fuß erreicht man sie vom Bahnhof aus in einer halben Stunde. Sehr sehenswert ist die Villa Ephrussi de Rothschild mit ihren herrlichen Gärten, zu der man eine Dreiviertelstunde Fußweg hat.
Für die Wanderung auf dem Sentier du Littoral zum Hafen von Nizza braucht man etwa 1,5 Stunden. Meine Tipps für Nizza findet ihr hier.
Mit dem Zug sind praktisch alle Orte an der Côte d’Azur von Villefranche aus schnell und preisgünstig zu erreichen. Wir waren beispielsweise in Nizza, Beaulieu-sur-Mer, Èze und Menton. Ich habe mir dafür die App SNCF Connect heruntergeladen, mit der man die Tickets bequem online kaufen kann.
Ein sehr interessanter Bericht. Informativ und mit Liebe zum Ort geschrieben.
Macht direkt Lust auf Urlaub in Villefranche sur Mer.
Vielen Dank für dieses schöne Feedback. 🙂 Und es stimmt, ich habe Villefranche-sur-Mer tatsächlich lieb gewonnen …
Ein schöner Bericht, der mir sehr gefällt.
Da wir für 2025 planen an die französische Riviera zu fahren, möchte ich fragen, ob Sie einen Tip für eine Übernachtung in Villefranche haben.
Hallo Birgit, wir hatten eine einfache, aber nette Ferienwohnung von einem privaten Anbieter gemietet. Wenn Sie es schön und exklusiv möchten, wäre das Welcome Hotel vielleicht eine Empfehlung. Wir haben da nur in der Bar etwas getrunken, aber es hat insgesamt einen sehr guten Eindruck gemacht (ist aber entsprechend teuer).
Hallo Barbara,
herzlichen Dank für den Tip. Uns ist es im Welcome Hotel allerdings auch zu teuer.
Das The Bastide de Pins in der Nähe von Vence habe ich gerade gefunden und es gefällt mir richtig gut. ( 1h entfernt )
Liebe Grüße
Birgit
Das ist bestimmt eine gute Lösung, ich wünsche Ihnen einen sehr schönen Urlaub!