Hauts-de-France
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Geführte Tour: Robben beobachten an der Baie de Somme

Robben auf einer Sandbank in der Baie de Somme

Es lohnt sich, die Baie de Somme mit einer professionellen Führung zu erkunden. Die Sommemündung, die von den zwei Orten Saint-Valéry-sur-Somme und Le Crotoy gesäumt wird, ist nämlich nicht nur wunderschön, sondern auch ein faszinierendes Ökosystem. Dort gibt es viel zu entdecken – wenn man weiß, was man wann und wo suchen muss. Wir haben eine geführte Wanderung zum Robben beobachten (À la rencontre des phoques) gemacht, die ich euch hier vorstelle.

Ausgangspunkt unserer Tour war der Leuchtturm an der Pointe du Hourdel, die auf der Westseite in die Somme ragt. Wir haben uns morgens getroffen, weil da Ebbe herrschte.

morgens an der Baie de Somme

Der Blick geht hier übrigens landeinwärts. Wie ihr seht, ist die Sommemündung wirklich sehr breit und sehr flach. Letzteres ist auch ein menschengemachtes Problem, wie uns unser Führer Grégory erzählte.

Warum der Baie de Somme die Verlandung droht

Unter Napoléon I wurde nämlich ein Deich gebaut und der Lauf der Somme teilweise vertieft, um einen Hafen für die ortsansässige Kieselindustrie zu schaffen. Sogar eine Bahnlinie wurde für die Industrie gebaut. Durch den Deich verlandet aber die Baie, weil der Sandtransport in die und aus der Bucht über die Gezeiten nicht mehr richtig funktioniert.

Später wurde in Saint-Valéry eine Schleuse gebaut, um das Wasser erst anzustauen und dann wieder zum Freispülen rauszulassen, das funktioniert aber auch nicht richtig. Der Sandboden in der Bucht steigt daher um 12 bis 13 cm pro Jahr. Deswegen vergrößert sich auch die Fläche der Salzwiesen immer weiter.

Salziwiese an der Baie de Somme

Übrigens sind die Pflanzen der Salzwiesen nicht nur für die Schafe schmackhaft, die dort weiden. Die flachen Blätter, die man auf dem Bild oben sieht, werden hier Schweineohr (oreille de cochon) genannt und lassen sich prima im Ofen als eine Art Chips zubereiten. Auch die Salicornes werden in Frankreich gern gegessen, meist ähnlich wie Gewürzgurken sauer eingelegt. Auf dem Sandboden wächst zudem reichlich Sanddorn (argousier), dessen Beeren zu Marmelade und Likör verarbeitet werden. Die (Feuerstein-)Kiesel wiederum finden in der Baubranche Verwendung.

Spaziergang am Strand von le Hourdel

Nachdem sie im 20. Jahrhundert fast ausgerottet worden waren, gibt es heute wieder etwa 800 Robben an der Sommemündung. Sie leben in Gruppen von jeweils einem männlichen Tier und seinem Harem aus bis zu 30 Weibchen. Jüngere Männchen dürfen auch dabei sein, solange sie die Dominanz des Alphamännchens akzeptieren.

Wenn Ebbe ist, liegen die Tiere gerne auf Sandbänken, um sich zu sonnen. Dort können sie ausruhen und ihr Körper kann das lebenswichtige Vitamin D bilden.

Deswegen gehen wir nun westwärts am Strand von le Hourdel entlang, zu den Sandbänken. Der teils kieselige, teils sandige Strand ist auch wegen des alten Bunkers sehenswert. Dieser gehörte im Zweiten Weltkrieg zum deutschen Nordatlantikwall. Im Lauf der Jahrzehnte wurde er von der Gewalt des Wassers immer weiter in Richtung Meer getragen.

alter Bunker am Strand von le Hourdel an der Baie de Somme
alter deutscher Bunker an der Sommemündung

Die Robben nutzen die Gezeiten in der Baie de Somme

Kurz nach dem Bunker kommt dann die gesuchte Sandbank in Sicht. Und tatsächlich: Darauf liegen einige recht entspannte Robben!

Robben beim Chillen an der Baie de Somme

Natürlich habe ich sie für das Foto stark herangezoomt. Die tatsächliche Aussicht habt ihr oben im Titelfoto gesehen. Dieser Abstand ist auch wichtig, das schärft uns Grégory immer wieder ein: Damit die Tiere sich nicht gestört fühlen und nicht in Stress geraten, soll man immer einen Sicherheitsabstand von 300 Metern einhalten.

Die Robben liegen auffällig gebogen auf dem Bauch, in Bananenform, wie Grégory es nennt. Damit minimieren sie den Kontakt zum kühlen Sand und sparen so wertvolle Energie. Wenn dann die Flut kommt und die Sandbank nach und nach überspült, werden sie immer bananenförmiger, wie man sehr hübsch beobachten kann:

Robben bei steigender Flut
Robben auf einer fast übersprülten Sandbank

Bis sie schließlich doch aufgeben und sich ins Wasser gleiten lassen.

schwimmende Robbe

Dann lassen sie sich von der Strömung in die Bucht hineintreiben. Das ist eine sehr schlaue Strategie, denn die Flut bringt auch die Fische und Mollusken wieder in die Bucht – das ist für die geschickten Jäger wie ein schwimmendes Buffet.

die Flut kommt in die Baie de Somme

Nach diesem Schauspiel geht es wieder zurück zum kleinen Leuchtturm und dem ebenfalls überschaubaren Sportboothafen von le Hourdel.

Fazit zur Wanderung zum Robben beobachten

Die 2,5 Stunden für diese Tour vergingen sehr schnell, der Preis von 15 Euro pro Person (2022) ist aus meiner Sicht sehr gut investiert. Die Robben-Watching-Touren werden von Mai bis Oktober angeboten. Hier geht es zur Website von Grégory (er bietet Führungen nur auf Französisch an), es gibt aber auch mehrere andere Anbieter solcher Touren in der Bucht.

Robben beobachten an der Baie de Somme

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