Die Îles Chausey sind eine Inselgruppe, die etwa 17 Kilometer westlich von Granville vor der normannischen Küste im Ärmelkanal liegt. Merkwürdigerweise sind sie nicht sehr bekannt, die britischen Kanalinseln sind viel stärker im touristischen Fokus.
Dabei sind die Îles Chausey in mehr als einer Hinsicht außergewöhnlich: Zum Beispiel wegen der schieren Anzahl an Inseln und Inselchen, die zu diesem etwa 46 Quadratkilometer großen Archipel gehören. 365 sind es bei Ebbe, immerhin noch 52 bei Flut, heißt es. Vielleicht sind es in Wirklichkeit auch nur 360 und 50, so genau habe ich sie bei meinen Besuchen nicht gezählt.
Außerdem wegen der bizarren Granitformationen und feinen Sandstrände, die ihr Antlitz prägen.
Nicht zu vergessen den Artenreichtum an Land und im Wasser. Um die Inseln tummeln sich Hummer, Keggelrobben und Delfine sowie zahlreiche Seevögel. Daher ist die Inselgruppe auch Teil des EU-weiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000.
Ungewöhnlich sind auch die Eigentumsverhältnisse auf den Îles Chausey: Sie liegen auf dem Gemeindegebiet von Granville im Département Manche. Der Stadt gehört aber nur etwa ein Hektar auf der größten und einzigen bewohnten Insel des Archipels, der Grande Île. Das ist das Gebiet um den Leuchtturm herum. Auch um die Müllabfuhr (per Schiff natürlich) und die sonstigen kommunalen Dienste kümmert sich die Stadt.
6 ha sind im Besitz der Küstenschutzbehörde (Conservatoire du Littoral). Die restliche Fläche ist in Privatbesitz, und das schon seit dem 18. Jahrhundert. Die Eigentümergesellschaft umfasst drei Familien und firmiert unter dem Namen SCI (Société civile immobilière des Îles Chausey).
Heute lebt Chausey vor allem vom Tourismus. In früheren Jahrhunderten waren die Fischerei und vor allem der Granitabbau bedeutende Einkommenszweige.
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Anreise und Unterkunft: Wie kommt man auf die Îles Chausey?
Die Bilder, die ihr bisher gesehen habt, stammen von einer Tour mit einem privat gecharterten Boot (von Granville aus). Um die Inseln wimmelt es nur so vor Motobooten und Seglern, weil man in den artenreichen Gewässern auch prima angeln kann. Anlegen kann man mit Privatbooten normalerweise nicht, aber in den diversen Buchten liegen bei schönem Wetter viele vor Anker.
Für die normale touristische Anreise empfiehlt sich daher die Überfahrt mit einem der Schnellboote des Fährunternehmens Vedettes Jolie France. Sie fahren meist täglich von der Gare Maritime im Hafen von Granville zur (einzigen) Anlegestelle auf der Grande Île, wobei die Abfahrtzeiten sich nach den Gezeiten richten. Die Überfahrt dauert eine knappe Stunde.
Auch Umrundungen des Archipels bietet das Unternehmen an.
Die meisten der jährlich 200.000 Besucher der Îles Chausey kommen als Tagesgäste. Wer mag, kann auf der Grande Île aber auch nächtigen. Es gibt ein kleines Hotel mit acht Zimmern und ein paar Ferienhäuser bzw. -wohnungen, die von der SCI oder der Stadt Granville vermietet werden.
Ansonsten ist die touristische Infrastruktur dünn: Im Hauptort auf der Grande Île gibt es zwei Restaurants, einen kleinen Laden, eine Kajakvermietung und eine öffentliche Toilette. Da die Müllentsorgung per Schiff erfolgt, gibt es auch keine Abfalleimer auf der Insel. Als Besucher packt ihr am besten eine kleine Plastiktüte in eueren Rucksack und nehmt Verpackungen und sonstige Abfälle wieder mit (ihr wisst schon: Leave nothing but footprints!).
Da das Ökosystem der Insel außergewöhnlich und sehr empfindlich ist, darf man nicht jedes Fleckchen betreten und nicht überall herumstreifen. Sondern es gibt einen etwa 5 Kilometer langen Rundweg um die Grande Île, dem man folgen sollte. Er führt zu drei schönen Buchten und Stränden, an denen man auch baden darf. Wenn ihr auf folgenden Link klickt, könnt ihr den Rundweg bei Komoot einsehen und herunterladen:
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Mehr InformationenEin Tagesausflug von Granville zur Grande Île der Îles Chausey
Aus naheliegenden Gründen kann die Fähre nur bei Flut Passagiere, Waren und geleerte Mülltonnen mitbringen. Dann passt auch der Anlegesteg genau zur Ausstiegshöhe.
Direkt von der Anlegestelle führen Stufen hinauf zur (einzigen) öffentlichen Toilettenanlage auf den Îles Chausey. Empfehlung: Unbedingt prophylaktisch nutzen!
Oberhalb der Toiletten befinden sich die beiden einzigen Einkehrmöglichkeiten und der Dorfladen auf der Grande Île.
Wir sind in beiden (natürlich nur zu Recherchezwecken :-)) eingekehrt und waren durchaus zufrieden.
Auf dem Rundweg über die Grande Île
Den Inselrundgang machen wir im Uhrzeigersinn, biegen also nach dem Hotel Le Fort nach links ab. Der Weg führt nach wenigen Gehminuten zum alten Fort. Es hat den typischen fünfzackigen Grundriss eines Vauban-Forts und wurde im 19. Jahrhundert unter Napoleon III. neu befestigt. Im Ersten Weltkrieg diente es als Gefangenenlager, im Zweiten Weltkrieg beherbergte es zeitweise eine deutsche Garnison. Heute wohnen dort Fischerfamilien, man kann es also nicht besichtigen.
Weiter geht es am alten Leuchtturm vorbei, der mit 31 Metern Höhe der höchste Punkt auf der Grande Île ist. Er ist aber nicht mehr in Betrieb und kann ebenfalls nicht besichtigt werden.
Dann geht es höchst malerisch hinunter zum Meer. Man spaziert an den hübschen Gärten und Terrassen der Inselhäuschen vorbei, …
um die Landzunge herum …
zur Bucht Port Marie und dem dazugehörigen Strand.
Am flachen Sandstrand kann man auch baden, wenn man so weitsichtig war, Badesachen mitzunehmen. Schatten gibt es allerdings nicht.
Zwischen dieser Bucht und der nächsten liegt eine Landzunge, die nicht betreten werden soll. Der Wanderweg führt deshalb durchs Inselinnere.
Das Château Renault auf Chausey
Port Homard, die Bucht mit dem weißen Strand, wartet mit einem weiteren festungsähnlichen Gebäude auf.
Tatsächlich stand dort einst eine Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren davon aber nur wneige Mauerreste übrig. Dann verliebte sich Louis Renault aus der gleichnamigen Auto-Dynastie in die Insel und erwarb die Ruine, um sich dort einen angemessen luxuriösen Sommerwohnsitz errichten zu lassen.
Ab Januar 1923 schwitzten dort 200 Arbeiter über ein Jahr lang, um das prächtige Haus mit damals unerhörtem Komfort (fließendes Wasser, elektrische Beleuchtung, Telefon, Pool und Bootshangar) zu errichten. Deshalb wird es noch heute Château Renault (Renault-Schloss) genannt. Seit 1978 gehört es ebenfalls der SCI. Aus der Nähe betrachtet sieht es allerdings mehr nach einer Festung als nach einem Schloss aus.
Den Strand vor dem Schloss fand ich faszinierend: Der Sand ist so weiß und fein, dass er sich in der Mittagssonne stark von den dunklen, fast schwarzen Felsen abhebt. Auch hier darf man übrigens baden und die Felslandschaft erkunden.
Die Landzunge südwestlich von Port Homard ist nicht zugänglich. Der Weg führt an ihr vorbei. Aber nur einen Katzensprung entfernt liegt schon die dritte Badebucht, die noch dazu mit außergewöhnlichen Felsformationen aufwarten kann.
Die Plage de la Grande Grève und der Elefantenfelsen
Diese Felsengruppe wird Rocher des Moines genannt, also die Mönchsfelsen. Und tatsächlich sehen sie ein bisschen aus wie Gruppen herumstehende Männer.
Noch berühmter ist aber der Elefantenfelsen (Rocher de l’éléphant). Von Süden betrachtet sieht er wirklich sehr elefantenähnlich aus.
Von dieser Bucht aus führt ein Stichweg zur nördlichen Inselküste. Diese wirkt wesentlich rauer, die Steine sind weniger rundgeschliffen.
Offensichtlich eignen sie sich besonders gut zum Bau von kreativen Steinmännchen.
Gegenüber der Plage de la Grève liegt eine kleine Bucht, die Ancienne Anse, in der früher ein Seenotrettungsboot stationiert war. Heute ist davon nur eine Ruine übrig, am Strand modern die Reste eines Bootes vor sich hin. Eine Art Mini-Lost-Place auf den Îles Chausey.
Damit befinden wir uns bereits auf dem Rückweg zur Anlegestelle. In der nächsten Bucht liegen funktionstüchtige Boote.
Zur Rechten liegt die Gîtes de la Ferme, wo man übernachten kann. Der ehemalige Bauernhof diente einst der Versorgung der Inselbewohner und vor allem der vielen Arbeiter, die auf den Îles Chausey in Steinbrüchern arbeiteten. Mitte des 19. Jahrhunderts lebten immerhin 500 Menschen auf dem Archipel. Heute gehört der Hof der SCI, die darin Ferienwohnungen vermietet.
Die weiteren menschengemachten Sehenswürdigkeiten auf den Îles Chausey sind eine kleine Kapelle aus dem 19. Jahrhundert und ein Steinkreuz (Calvaire). In der Kapelle finden montags auch Gottesdienste statt.
Dann schlendert man durch den kleinen Ort mit den hübschen Steinhäuschen, um zu den Gastronomiebetrieben zu kommen.
Es ist noch Zeit für eine Planche und ein Gläschen Rosé und/oder für einen Cappuccino, bevor es zurück zur Anlegestelle geht.
Bis die Fähre abfährt, herrscht wieder Flut. Und sobald die Tagesgäste die Inseln verlassen haben, bleiben die wenigen Inselbewohner und Ferienhausbesitzer und Urlauber in aller Ruhe zurück. Auf der Rückfahrt mit der Fähre hat uns für ein paar muntere Sprünge sogar ein Delphin begleitet. Ein fast magisches Erlebnis, bevor es zurück in den Hafen von Granville ging.
Granville ist übrigens eine ausgesprochen schöne und liebenswerte Stadt mit guter touristischer Infrastruktur, die ich bereits im Blogpost Granville erkunden vorgestellt habe. Und falls ihr weitere außergewöhnliche Touren in der Region machen möchtet, empfehle ich euch meinen Blogpost zur (Watt-)Wanderung durch die Bucht zum Mont-Saint-Michel.
Die Îles Chausey als besonders reizvolle französische Inseln sind einer der 80 Glücksorte, die ich mit meiner Freundin und Kollegin Hilke Maunder in unserem Buch Glücksorte in der Normandie: Fahr hin und werd glücklich (Amazon-Partnerlink*) versammelt habe. Es ist 2024 in zweiter Auflage erschienen.
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