Lettland verfügt über etwa 500 Kilometer Küste an der Ostsee, etwa 115 davon haben wir bei unserem Roadrip von Riga zum Kap Kolka buchstäblich erfahren, und zwar auf den Straßen P128 und P131. Von der Straße aus hat man überwiegend keinen Meerblick, da zu beiden Seiten üppige Birken- und Kiefernwälder wachsen. Aber wer sich auskennt, weiß, wo die kleinen Parkplätze und Durchgänge zum Meer liegen, an denen es sich lohnt, auszusteigen und auf Erkundung zu gehen.
Contents
- 1 7 Stationen auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka
- 1.1 1. Stippvisite im Heilbad Kemeri
- 1.2 2. Am Strand von Lapmezciems
- 1.3 3. Zauberhaftes Naturerlebnis am Kanieris-See
- 1.4 4. Der Strand mit den „Teufelssteinen“ bei Engure
- 1.5 5. Im Fotografenhimmel am malerischen Strand von Kaltene
- 1.6 6. Noch ein Highlight auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka: die Weiße Düne von Purciems
- 1.7 7. Kap Kolka: Wo die (westliche) Ostsee in die Rigaer Bucht übergeht
- 2 Fazit zur Tour von Riga zum Kap Kolka
7 Stationen auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka
Mit unserem kundigen Fahrer und Führer Rihards haben wir auf dem Weg zum Kap sieben höchst sehenswerte Orte besucht, die ich euch hier gerne vorstelle:
1. Stippvisite im Heilbad Kemeri
Westlich des bekannten (und sehr schönen) Badeorts Jurmala liegt das Heilbad Kemeri. Es war bereits im 19. Jahrhundert weithin für seine Schwefelquellen und seinen jodhaltigen Heilschlamm bekannt und zog Kurgäste aus halb Europa an. An diese Tradition knüpft man noch heute in Lettland an. In den umliegenden Wäldern liegen mehrere Kur- und Rehakliniken. Nahe des früheren Grandhotels wurde ein hübscher Park angelegt und der alte Wasserturm renoviert, den ihr hier seht. Zum Hinfinden gebt ihr auf Google Maps „Kemeru parks“ ein.
Vor dem kleinen Pavillon sprudelt eine der Schwefelquellen.
Man kann in das Becken waten und das Wasser aus der hübschen Quellfassung auch trinken. Ich muss aber zugeben, dass der intensive Schwefelgeruch mich davon abgehalten hat.
Von Kemeru parks ging es auf der P128 weiter westwärts, wo wir auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka den ersten Strandstopp eingelegt haben.
2. Am Strand von Lapmezciems
Das Dorf Lapmezciems liegt zwischen der Rigaer Bucht im Osten und dem Kanieris-See im Westen. Der See und seine Umgebung gehören (wie auch das Gebiet mit den Schwefelquellen) zum Nationalpark Kemeri, der artenreiche Gewässer, Sümpfe und Wälder umfasst. Besonders Vogelbeobachter kommen dort auf ihre Kosten. Insgesamt gibt es in Lettland vier Nationalparks, Kemeri ist der zweitjüngste (er besteht seit 1997) und umfasst etwa 40.000 Hektar.
Wir haben zuerst in Lapmezciems an einem kleinen angestauten Gewässer geparkt, an dem entlang ein Holzbohlenweg meerwärts führt. Wenn ihr diesen Ort finden wollt, gebt ihr auf Maps den Namen „Kupskalnu dabas tarka“ ein (was auch immer das heißen mag).
Am Endes des Holzweges warten ein Spielplatz, feiner, weicher Sand und die Ostsee.
Der Strand ist flach und weitläufig, bietet also reichlich Auslauf für Meerwanderer. Strand heißt auf Lettisch pludmale, wir befinden uns hier also am Lapmezciema pludmale.
Das schiffförmige Teil auf der anderen Strandseite ist übrigens eine Sauna; die Letten sind mindestens so saunabegeistert wie die Finnen.
Das Muss-Fotomotiv zwischen den beiden Strandhälften ist aber die Buhne, auf der sich zahlreiche Seevögel versammeln.
Was ich hier, auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka, zum ersten Mal in meinem Leben gesehen habe, sind Schwäne auf dem Meer. Dass sie dort schwimmen, liegt daran, dass das Wasser in der Rigaer Bucht nur einen Salzgehalt von 3 Prozent aufweist. Faszinierend, oder?
Auf der meerabgewandten Seite von Lapmezciens liegt der Kanieris-See, der ebenfals vielen Vögeln eine Heimat bietet. Dorthin ging unser nächster Abstecher.
3. Zauberhaftes Naturerlebnis am Kanieris-See
Wir parkten an der Südseite des Sees an diesem Schild. Es weist auf den Vogelbeobachtungsturm hin, der unser nächstes Ziel war. Die Straße zum Kanieris-See ist übrigens nicht asphaltiert, aber das gilt für viele Straßen in Lettland.
Wenn man den Kanieris-See auf Google Maps ansieht, sieht er ziemlich groß aus. Er umfasst imerhin 1130 Hektar. Vort Ort aber wirkt es so, als seien es viele kleine Wasserflächen, die dicht von Schilf und Röhricht umwuchert sind. Der See ist auch ziemlich flach, er ist nur zwischen 60 cm und 1,80 Meter tief.
Nach ein paar Gehminuten erreicht man den Vogelbeobachtungsturm. Den zu bauen hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn in diesem Gebiet leben und brüten fast 200 unterschiedliche Vogelarten. Darunter diverse Enten, aber auch Reiher, Schwäne, Gänse, Eisvögel und sogar Seeadler. Auf die Seeadler ist man in Lettland besonders stolz. Gesehen haben wir bei unserem Besuch freilich nicht so viele Vögel, aber es hat aus allen Richtungen gequakt und geschnattert.
Ist das nicht eine fantastische Aussicht?
Wenn man dem Weg auf diesem Bild folgt, gelangt man zum Holzbohlenweg, der auf kleinen Pontons schwimmt und direkt in den See führt.
Nach dem Winter gibt es hier wohl häufiger etwas zu reparieren, aber wir sind gut über diese Stelle gekommen. Holzbohlenwege durch sumpfiges Gelände gibt es bei uns im Allgäu auch, aber einen schwimmenden Weg kannte ich tatsächlich noch nicht. Eine außergewöhnliche Erfahrung!
Nach diesem Kurzbesuch im Kemeri-Nationalpark fuhren wir wieder zurück auf die P128, von der wir nach dem Dorf Plienciems auf die P131 abbogen, um nach Engure zu gelangen, unserer nächsten Station auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka.
4. Der Strand mit den „Teufelssteinen“ bei Engure
Wir parkten an der evangelisch-lutherischen Kirche mit ihrem hübschen, kleinen Friedhof in Engure.
Von dort führt ein Pfad zum Strand, der zuvorkommenderweise mit einem Bilderrahmen samt passenden Hashtags für Selfies versehen wurde.
Engure (der deutsche Name ist Angern) bedeutet übrigens „Aalfluss“. Der Ort gehörte früher zum Bistum Kurland und wurde im Jahr 1245 erstmals urkundlich erwähnt, daher die Jahreszahl auf dem Foto-Rahmen.
Dieser Küstenabschnitt Lettlands ist besonders durch Erosion gefährdet. Er verändert sich daher von Jahr zu Jahr (besonders über den Winter) stark und so manches Haus musste schon aufgegeben werden, weil es von den Winterstürmen unterspült wurde.
Auch die Steine, die diesen Strand so charakteristisch machen, verändern durchaus ihre Position. Es kann also sein, dass ihr sie bei eurem Besuch in Engure ganz anders vorfindet.
Da sich die Einwohner von Engure die Existenz dieser Felsen im Meer nicht anders erklären konnten, hieß es früher, der Teufel habe sie eigentlich in die Hölle transportieren wollen (was er damit wohl wollte?), habe sich aber verspätet und sie beim ersten Hahnenschrei vor Schreck fallen lassen. Daher hießen sie im Volksmund „Teufelssteine“. Tatsächlich sind sie aber Überbleibsel des Littorina-Meers, das sich vor etwa 8.000 Jahren dort erstreckte, wo heute die Ostsee samt der Bucht von Riga (auf Englisch heißt alles zusammen Baltic Sea) liegt.
Noch malerischer sind die Steine, die sich am nächsten Ostseestrand verteilen, den wir besucht haben:
5. Im Fotografenhimmel am malerischen Strand von Kaltene
Als „truly attractice rocky beach“ war er auf einer Infotafel angekündigt worden. Da war ich schon neugierig. Wir sind wieder über einen hölzernen Steg dorthin gelangt. Gebt auf Maps „Kaltenes putnu taka“ ein, wenn ihr an den Felsenstrand von Kaltene wollt.
Und ja, dieser Strand mit den rundgespülten Granitsteinen im Wasser ist ein höchst attraktiver Fotospot. Es war wirklich schwierig, mich von dort wieder loszueisen.
Am Ende wurde ich dort selbst zum Fotobjekt:
Die nächste Station auf unserem Roadtrip eignete sich perfekt für ein kleines Picknick. Das haben wir dann auch gemacht. Rihards hatte für uns in der Bäckerei typisch lettische Wegzehrung besorgt: Mit Speck oder Spinat gefüllte, weiche Semmeln und süße Apfeltaschen mit Streuseln.
6. Noch ein Highlight auf dem Weg von Riga zum Kap Kolka: die Weiße Düne von Purciems
Irgendwie hatte ich mir vorgestellt, dass eine Düne am Strand zu sein habe. Weit gefehlt: Die „Purciema balta kapa“ liegt mitten im Wald. Und sie ist, wie so vieles in Lettland, über einen Holzbohlenweg zu erwandern. Immerhin gibt es für die Balta kapa einen großen Wegweiser an der Straße und gegenüber vom Parkplatz eine Infotafel, an der Rihards steht.
So richtig weiß ist die Düne natürlich nicht, aber doch recht hell. Und für lettische Verhältnisse (Lettland ist ein sehr flaches Land) ist sie mit etwa 60 Metern auch ganz schön hoch.
Der Rundweg führt hinunter zum Flüsschen Pilsupe.
Vom Flussbett aus sieht man erst richtig, wie hoch die Weiße Düne ist.
Der Rundweg führt dann in einem großen Bogen durch den Wald zurück zum Ausgangspunkt.
Das war die letzte Zwischenstation auf unserem Weg von Riga zum Kap Kolka. Und ich war schon sehr gespannt auf diesen besonderen Ort.
7. Kap Kolka: Wo die (westliche) Ostsee in die Rigaer Bucht übergeht
Die P131 endet kurz vor dem Kap Kolka an einem Kreisverkehr. Von dort folgt man dem Wegweiser nach rechts zum Parkplatz am Kap. (Links beginnt die P124, die an der kurländischen Küste weiter westwärts führt.)
Am Parkplatz gibt es ein kleines Café, einen Laden, öffentliche Toiletten und einen Kaffeeautomaten. Der Automaten-Cappuccino war erstaunlich gut. Auf dem Weg zum Strand steht ein steinernes Denkmal, das an die Menschen erinnern soll, die ihr Leben auf dem Meer lassen mussten.
Vor dem Kap Kolka gibt es gefährliche Felsen und Strömungen, denen wohl schon etliche Schiffe zum Opfer gefallen sind. Früher gab es einen Leuchtturm direkt am Kap, aber der war nicht hoch genug bzw. leuchtete nicht weit genug. Deshalb steht heute ein neuer Leuchtturm auf einer künstlichen Insel weit draußen. Vom alten sieht man nur noch ein paar Steine.
Und das ist das Ziel unseres Roadtrips: Das Kap Kolka, umspült zur Linken von der Ostsee an der kurländischen Küste, zur Rechten vom salzarmen Wasser der Ostsee in der Rigaer Bucht.
Wenn ihr ganz genau hinseht, werdet ihr bemerken, dass auf der linken Seite des Kaps die Wellen von links heranrollen und auf der rechten Seite von rechts. Das fand ich ausgesprochen faszinierend.
Erstaunlich fand ich auch die klimatischen Unterschiede: Auf der kurländischen Seite pfeift einem der Wind wild um die Ohren.
Dort gibt es übrigens auch einen Vogelbeobachtungsturm, von dem aus man durch den Wald zurück zum Parkplatz gehen kann.
Wir haben aber zuvor die Küste auf der Rigaer Seite erkundet. Dort sieht es völlig anders aus, es ist zudem fast windstill und daher deutlich wärmer.
Dass die Winterstürme hier aber auch ordentlich toben, sieht man an den Bäumen, die das Meer heruntergespült hat. Sie liegen wie ausgebleichte Gerippe am flachen Strand und geben ein sehr malerisches Bild ab.
Auch hier konnte ich mich kaum losreißen. Was für ein eindrucksvoller Ort!
Fazit zur Tour von Riga zum Kap Kolka
Dieser Roadtrip führt von einem Highlight zum nächsten durch eine absolut faszinierende Landschaft. Es sind zwar „nur“ etwa 250 Kilometer zurückzulegen. Aber da man auf den teilweise schlecht oder gar nicht asphaltierten Straßen in Lettland nicht sehr schnell fahren kann und ja auch genug Zeit für die Erkundung der sieben Stationen bleiben soll, dauert der Ausflug insgesamt etwa elf Stunden. Für mich war es ein sehr anregender und kurzweiliger Tag.
Dank Rihards sicherer und solider Fahrweise war die Fahrt als solche angenehm. Außerdem ist er ein ausgesprochen liebenswürdiger und kundiger Reisebegleiter, der noch dazu sehr gut englisch spricht. Ich hatte die Tour mit ihm über Get your Guide gebucht, werde aber beim nächsten Lettland-Besuch direkt bei ihm auf seiner Website Discover Latvia buchen.
Da wir in der Vorsaison Ende April unterwegs waren, waren wir an allen besuchten Plätzen praktisch allein. Im Sommer kann das anders aussehen, besonders der Strand von Kaltene und das Kap Kolka werden auch von Einheimischen gerne besucht. Dafür sind am Kap Kolka dann das Café und der kleine Laden am Parkplatz in Betrieb; dankenswerterweise waren die Toiletten auch schon im April geöffnet.
Übrigens kann man die etwa 115 Kilometer lange Strecke vom Kap Kolka bis Jurmala bzw. in umgekehrter Richtung auch komplett zu Fuß auf dem baltischen Küstenwanderweg (Baltic Coastal Hiking Route) zurücklegen. Hier findet ihr eine Kurzbeschreibung der fünf Etappen an der kurländischen Küste der Rigaer Bucht.
Wir waren genau an diesen Orten von Ende August bis Anfang September, es war einfach toll, genau wie beschrieben..auch um diese Zeit (Nachsaison) hat man die Strände ganz allein für sich… ausserdem kann ich als weiteres Highlight den Ort Roja hleich hinter Kaltene empfehlen, wo wir nette Menschen kennengelernt haben
Hallo Dirk, vielen Dank für die Rückmeldung, ich freue mich, dass euch die Rigaer Bucht auch so gut gefallen hat. In Roja habe ich noch nicht Station gemacht, aber das ist ein guter Tipp, das nehme ich für nächstes Mal auf meine Liste. Viele Grüße, Barbara