Normandie
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Dieppe, Normandie: Seebad mit Tradition und Charme

Dieppe, Normandie - Hafen

Dieppe im Département Seine-Maritime ist heute touristisch nicht sehr bekannt, dabei ist es immerhin das älteste Seebad Frankreichs: Erstmals 1822 kamen hochwohlgeborene Damen aus Paris, um ihre Füße dort ins Wasser zu tauchen und die gute Luft der Normandie zu atmen. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie von Paris nach Dieppe kam es dann so richtig in Mode. Zeitweise reisten sogar Badegäste aus dem englischen Newhaven mit der Fähre ins normannische Seebad.

Heute hat das Städtchen mit seinen knapp 30.000 Einwohnern und den insgesamt vier Häfen eine authentisch maritime Ausstrahlung. Der See- und Fischereihafen spielt wirtschaftlich eine wichtige Rolle. Man lebt hier nicht vorwiegend vom Tourismus, aber es gibt eine gute touristische Infrastruktur; die Mischung stimmt.

Der Strand von Dieppe

Klar, in einem Seebad ist der Strand schon wichtig. Vom Fährhafen im Osten bis zu den Klippen im Westen erstreckt sich ein Kiesstrand über 1,5 Kilometer, der von einer ebenso langen und ziemlich breiten Promenade gesäumt wird. An der Promenade reihen sich mehrere kleine Strandbars aneinander, westlich davon liegen die unvermeidlichen Badehütten.

Badehütten am Strand von Dieppe
Strand und Klippen

Am westlichen Ende der Promenade, unterhalb der Klippen, liegt übrigens eine sehr nette Strandbar namens BarOMètre, die ich nur empfehlen kann.

Le BarOMètre in Dieppe - eine der schönsten Strandbars der Normandie.jpg

Seine wahre Schönheit offenbart der Strand von Dieppe aber (wie viele Strände an der Alabasterküste in der Normandie) erst bei Ebbe. Denn dann kommt unterhalb des Kiessaums der Sand zum Vorschein, eine Wattlandschaft, in der man wunderschön meerwandern oder zumindest meerspazieren kann.

Blick auf Dieppe vom Strand bei Ebbe
Wattlandschaft mit Klippen

Es lohnt sich also, den Tidenkalender einzusehen, bevor man an den Strand geht: Wer baden oder gar schwimmen will, kommt bei Flut, wer die Wattspaziergänge liebt, bei Ebbe. Wobei man bei Ebbe natürlich auch baden kann, man muss halt nur weiter hinauslaufen.

Badepastell

Dieppe und seine Sehenswürdigkeiten

Neben seinem Strand kann Dieppe mit einer schönen, teils noch barocken Altstadt, mehreren Häfen und einem Schloss aufwarten. Die Auswahl an Restaurants und Cafés ist groß, es gibt auch etliche Einzelhandelsgeschäfte und mehrere Bäckereien in der Altstadt.

Das Château de Dieppe

Wie es sich für eine alte Stadt gehört, steht in Dieppe ein richtig altes Schloss bzw. eher eine Burg. Sie liegt auf den Klippen westlich der Altstadt und damit über den Dächern der Stadt. Nachts wird sie beleuchtet, das sieht sehr romantisch aus.

Blick auf das nächtlich beleuchtete Schloss von Dieppe

Erbaut wurde die Burg von Dieppe im Jahr 1188 von König Henry II. von England und seinem Sohn Richard Löwenherz. Bereits 1195 wurde sieschon wieder zerstört, und zwar von König Philipp II. von Frankreich. Im 14. Jahrhundert baute man sie wieder auf und befestigte auch die Stadt (natürlich gegen die Engländer).

Eingang zum Château de Dieppe

In späteren Jahrhunderten wurde das Château de Dieppe mehrmals umgebaut und diente als Amtssitz der vom französischen König eingesetzten Gouverneure.

Das Château de Dieppe

Während und nach der französischen Revolution wurde es als Gefängnis genutzt, im Jahr 1900 dann von der Stadt gekauft und 1923 in ein Museum umgewandelt.

Eingang zum Musée de Dieppe

Ein Rundgang durch das Stadtmuseum (Musée de Dieppe) lohnt sich schon wegen der Räumlichkeiten, die den Geist der wechselhaften Schlossgeschichte ausstrahlen. Die Ausstellung umfasst neben einer Sammlung von Elfenbeinschnitzereien etliche Gemälde, darunter auch welche von Camille Pissaro und zwei von Auguste Renoir.

Außerdem werden diverse Stücke zur maritimen Geschichte der Stadt gezeigt. Stolz ist man hier auf Jehan d’Ango, einen Sohn der Stadt, der im 16. Jahrhundert ein wichtiger Geschäftsmann, Reeder und Freibeuter war und von König Franz I. zum Vicomte ernannt wurde.

Ein Raum ist den Werken von Georges Braque vorbehalten, der einige Jahre lang jeweils sechs Monate im nahen Varengeville-sur-Mer verbrachte, wo heute auch sein Grab zu finden ist.

Der Weg hinauf zum Château de Dieppe lohnt sich aber auch für den tollen Blick auf die Stadt:

Blick über Dieppe vom Château
Blick auf Dieppe vom Schlosshügel aus
Blick vom Château auf die Promenade und den Strand von Dieppe
Blick vom Château auf die Promenade und den Strand von Dieppe

Die Altstadt von Dieppe

Einst war die Stadt von einer Mauer mit sieben Toren umgeben, von denen fünf zur Meerseite lagen. Sie wurden im Zuge größerer Stadtbaumaßnahmen im 19. Jahrhundert zerstört. Alle bis auf eines: Das Tourelles-Tor (Porte des Tourelles) steht noch heute.

Die Porte des Tourelles in Dieppe

Allerdings steht das Stadttor fast ein bisschen verloren neben und vor wesentlich neueren Bauten, denn von der Stadtmauer, in die es früher integriert war, ist nichts mehr übrig. Zur Stadtseite hin sieht es übrigens deutlich weniger martialisch aus.

Stadttor des Tourelles

Unweit des Tores liegt die Kirche Saint-Rémy, deren Bau 1522 begonnen, aber erst 1643 beendet wurde. Grund für die lange Bauzeit waren die Wirren der Religionskriege, die zu jahrzehntelangem Stillstand auf der Baustelle führten.

Die Kirche Saint-Rémy in Dieppe
in der Kirche Saint-Rémy

Zwei Straßen weiter liegt am Zusammentreffen der Grande Rue und der Rue Saint-Jacques an der Place du Puits Salé eine der wichtigsten Institutionen der Stadt: das Café des Tribunaux. Es ist schon seit 1810 die Einkehradresse in Dieppe.

Das Café des Tribunaux in Dieppe

Hier treffen sich morgens ältere Damen zum Frühstücken, mittags kommen Angestellte der umliegenden Büros zum Essen, nachmittags die Schüler auf einen Diabolo. Viel bunter könnte die Gästeschar kaum sein. Das Essen ist gut, aber nicht ganz billig. Draußen kann man beim Cappuccino wunderbar das Treiben in der Fußgängerzone beobachten. Drinnen sitzt man in einer schön plüschigen Mischung aus Belle Èpoque und Zeitgeist.

Am Ende der Rue Saint-Jacques liegt der Platz Saint-Jacques, auf dem die gleichnamige gotische Kathedrale steht. Das ist das alte Herz der Stadt.

Kathedrale Saint-Jacques in Dieppe

Die Kirche geht bis ins 14. Jahrhundert zurück und war einst sehr bedeutend, weshalb sich auch Jehan d’Ango in einer Seitenkapelle begraben ließ. Heute ist sie leider in einem nicht so guten Zustand. Im Innenraum hängen Netze, um die Besucher vor herunterbröselndem Putz zu schützen.

in der Kirche Saint-Jacques

Wenn man von der Kathedrale weiters ostwärts spaziert, gelangt man zum Hafen, dem wirtschaftlichen Herz der Stadt.

Am Hafen

Dieppe verfügt wie andere Hafenstädte der Normandie über einen Fährhafen direkt am Meer. Von dort verkehren täglich Schiffe ins englische Newhaven.

Stadtweinwärts reihen sich ein Sportboothafen, ein Fischerhafen und ein Handelshafen aneinander. Der Sportboothafen (Port de Plaisance) ist ziemlich groß und wird von stolzen, barocken Bürgerhäusern gerahmt.

le Port de Plaisance à Dieppe

An der Nordseite, entlang des Quai Henri IV, erstreckt sich eine wahre Fressmeile: Hier liegen Cafés, Crêperien und Restaurants nebeneinander, so dass man abends wirklich die Qual der Wahl hat.

Dieppe Quai Henri IV

Die Abendstimmung am Hafen mag ich besonders gern; die farbigen Lichter erzeugen eine geradezu magische Atmosphäre.

abends am Hafen von Dieppe
Riesenrad mit Spiegelung

Unbedingt besuchen: den Wochenmarkt

Dienstags und donnerstags findet vormittags auf der Place Nationale jeweils ein kleiner Markt mit ein paar Ständen statt. Aber der richtige Wochenmarkt ist der am Samstagvormittag 8:30 –13 Uhr). Dann sind die wichtigsten Straßen der Altstadt – Grande Rue, Place Nationale, Rue Saint-Jacques und Rue de la Barre – gesäumt mit unzähligen Ständen, die alle nur erdenklichen Köstlichkeiten sowie Blumen, Kosmetika und Kleidung anbieten. Ein Marktbummel durch Dieppe am Samstag ist ein Fest für die Sinne – ich bin beinahe in einen Kaufrausch geraten.

Wochenmarkt in Dieppe
Markttag in Dieppe
Frisches auf dem Markt
Hähnchengrill auf dem Wochenmarkt
Bananen auf dem Wochenmarkt

Weitere Informationen und praktische Tipps

An der Promenade erinnern mehrere Tafeln an die Operation Jubilee: Unter diesen Codenamen versuchten britische und kanadische Truppen bereits im August 1942 eine Invasion in der deutsch besetzten Normandie. Warum sie sich ausgerechnet das schwer befestigte Dieppe mit dem relativ steil ansteigenden Strand und den Klippen beiderseits als Angriffspunkt ausgesucht hatten, bleibt unklar. Jedenfalls geriet die Operation zu einer Katastrophe mit über 1.000 Toten und vielen schwer Verwundeten.

Auf dem Gelände zwischen der Promenade und den ersten Häuserreihen der Stadt liegen heute einige Freizeiteinrichtungen wie ein Schwimmbad, eine Minigolfanlage und ein Skaterplatz. Dort steht auch eine große Anzahl an (kostenlosen) Parkplätzen zur Verfügung.

Skatepark Dieppe

Dieppe liegt günstig als Ausgangsort für diverse Ausflüge in andere attraktive Ziele der Region: Jeweils eine halbe Stunde ist es mit dem Auto nach Le Tréport oder ins reizende Dorf Veules-les-Roses mit dem kürzesten Fluss Fankreichs. Etwa 1,5 Stunden fährt man bis zum berühmten normannischen Seebad Étretat mit seinen Felsentoren und weiteren Sehenswürdigkeiten.

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